Umsatzsteuer & Sales Tax bei US-LLC im E-Commerce: Steuerfalle oder Steuervorteil?
Viele deutsche, österreichische und schweizer Unternehmer gründen eine US-LLC, um ihren E-Commerce steuerlich effizient und international flexibel zu betreiben. Doch während die Einkommenssteuerfrage häufig geklärt ist, herrscht große Unsicherheit bei einem anderen Thema: der Umsatzsteuer. Was gilt für deutsche Nomaden mit US-LLC, die an US-Kunden verkaufen?
Steuerfreies Paradies? Der Trugschluss vom "Nullsteuerland"
Auf den ersten Blick scheint es ideal: Du wohnst nicht mehr in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, sondern reist als Digitaler Nomade um die Welt. Deine US-LLC verkauft Produkte über Shopify oder Amazon FBA – direkt an US-Kunden. Da du weder in Deutschland noch in den USA steuerlich ansässig bist, fällt keine Einkommensteuer an. Richtig?
Jein. Denn auch wenn es keine Einkommensteuer gibt, bleibt eine Frage brisant: Wer erhebt die Umsatzsteuer oder Sales Tax – und wann?
Die Grundlagen: Was ist der Unterschied zwischen Sales Tax und VAT?
Sales Tax (USA):
In den USA ist die Umsatzsteuer keine nationale Steuer. Jeder Bundesstaat (und oft auch Gemeinden und Städte) regelt die "Sales Tax" eigenständig. Sie wird beim Endkunden erhoben – meist im Einzelhandel – und liegt typischerweise zwischen 4 % und 10 %.
Value Added Tax (VAT, EU):
In der EU ist die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) eine Pflichtsteuer auf nahezu alle Waren- und Dienstleistungen. Sie wird auf jeder Stufe der Wertschöpfung erhoben – der Endverbraucher trägt sie letztlich.
Wichtig: Die Steuerpflicht hängt nicht vom Sitz deines Unternehmens, sondern davon ab, wo sich dein Kunde befindet und wo der „Ort der Lieferung“ steuerlich liegt.
Der typische Fall: E-Commerce mit US-Kunden über US-LLC
Viele Unternehmer im Nomadentum leben außerhalb der EU, haben keine Betriebsstätte in Deutschland und verkaufen physische Produkte – etwa Nahrungsergänzungsmittel oder Mode – an US-Kunden. Klassisches Setup:
US-LLC in Wyoming, New Mexico oder Florida
Amazon FBA oder Shopify als Vertriebskanal
Warenlager in den USA
Endkunden in den USA
Unternehmer lebt auf Bali, in Dubai oder in Lateinamerika
Ergebnis:
→ Keine Einkommensteuer in Deutschland
→ Keine Einkommensteuer in den USA, weil keine „Effectively Connected Income“ (ECI) oder Betriebsstätte (ETBUS) vorliegt
→ Aber: Was ist mit der Sales Tax?
Wann wird in den USA Sales Tax fällig?
Die USA haben nach dem Supreme-Court-Urteil South Dakota v. Wayfair das sogenannte Economic Nexus Prinzip eingeführt. Das bedeutet: Auch ohne physische Präsenz kann dich ein rein wirtschaftlicher Bezug zur Steuerpflicht zwingen – z. B. durch ausreichend hohen Umsatz in einem Bundesstaat.
Jeder Staat hat seine eigenen Schwellenwerte. In Kalifornien etwa gilt: Ab 500.000 USD Jahresumsatz an Kunden im Staat bist du sales-tax-pflichtig – unabhängig davon, wie viele Transaktionen du tätigst. Die 200-Transaktionen-Grenze gilt dort nicht. In anderen Bundesstaaten liegt der Schwellenwert teilweise bei nur 100.000 USD.
Wichtig: Wenn du deine Produkte über Amazon FBA in US-Warenlagern lagerst, gilt das als physische Präsenz („physical nexus“) in mehreren Bundesstaaten. Selbst wenn du die Economic Nexus Schwellenwerte nicht erreichst, bist du dennoch registrierungspflichtig, sobald deine Ware dort lagert.
Plattformen wie Shopify und Amazon bieten teilweise integrierte Lösungen zur Sales-Tax-Einhebung, entbinden dich aber nicht von der Verpflichtung, dich in den betroffenen Bundesstaaten zu registrieren und abzuführen.
Was ist mit der EU? Auch hier kann Umsatzsteuerpflicht bestehen
Viele Nomaden glauben: Ich bin raus aus der EU – also ist die EU-Umsatzsteuer kein Thema mehr. Doch Vorsicht: Die Umsatzsteuerpflicht richtet sich nach dem Ort des Verbrauchs, nicht danach, wo du als Unternehmer gemeldet bist.
Wenn du mit deiner US-LLC an Endkunden in der EU verkaufst – egal ob digitale Produkte oder physische Waren –, bist du in der Regel mehrwertsteuerpflichtig im Land des Kunden.
Das gilt z. B. bei:
Verkauf von Onlinekursen, PDFs, Software (digitale Inhalte) an B2C-Kunden in Deutschland, Österreich oder Frankreich
Versand von physischen Produkten aus einem EU-Warenlager an Privatkunden innerhalb der EU
Import physischen Produkte aus Drittstaaten an Endkunden in der EU (Einfuhrumsatzsteuer und ggf. lokale Registrierungspflicht)
Auch bei physischen Waren greift die Umsatzsteuerpflicht – du musst sie korrekt deklarieren und ggf. bei Zollbehörden melden.
OSS: Der One-Stop-Shop für EU-weite Steuerpflichten
Seit Juli 2021 gibt es für Unternehmer mit EU-B2C-Kunden das sogenannte OSS-Verfahren (One-Stop-Shop). Damit kannst du dich in nur einem EU-Land registrieren, um die Umsatzsteuerpflichten für alle 27 Mitgliedsstaaten zentral abzuwickeln.
Das OSS-Verfahren gilt nicht nur für digitale Inhalte, sondern auch für den Versand physischer Waren innerhalb der EU – z. B. wenn du ein Amazon FBA Lager in Polen nutzt und an Kunden in Frankreich oder Deutschland lieferst.
Voraussetzung ist:
Registrierung in einem EU-Mitgliedsstaat (z. B. Estland, Irland oder Zypern)
ggf. ein steuerlicher Vertreter, wenn du selbst nicht in der EU ansässig bist
Wann greift die EU-VAT NICHT?
Wenn du ausschließlich an B2B-Kunden mit gültiger Umsatzsteuer-ID verkaufst, kannst du im sogenannten Reverse-Charge-Verfahren steuerfrei fakturieren. Das gilt für digitale wie physische Leistungen. Aber: Bei B2C immer steuerpflichtig – unabhängig vom Wohnsitz deines Unternehmens.
Was passiert bei Verstößen?
Wenn du trotz Umsatzsteuerpflicht keine Registrierung vornimmst und keine Steuer abführst, drohen:
empfindliche Bußgelder in der EU oder den USA
Zwangsregistrierung durch Steuerbehörden
Nachzahlungen inklusive Zinsen und Strafen
Sperrung deines Amazon-, Shopify- oder Stripe-Kontos
In den USA setzen die Bundesstaaten zunehmend auf Plattformberichte und KI-gestützte Prüfungen. In der EU erfolgt die Kontrolle durch DAC7, Zahlungsdienstleister und die Zollverwaltung.
Welche Lösungen gibt es?
1. Sales-Tax-Registrierung in den USA:
Nutze Dienste wie TaxJar oder Avalara, um die richtigen Bundesstaaten zu identifizieren und deine LLC zu registrieren.
2. VAT-Strategie für die EU:
Registriere dich korrekt im OSS-System oder über lokale Steuerberater, wenn du regelmäßig an B2C-Kunden in der EU verkaufst.
3. Automatisierte Einhebung auf Plattformen:
Nutze bei Shopify, Etsy oder Amazon die integrierten Sales-Tax- und VAT-Tools – aber überprüfe selbst regelmäßig, ob alles korrekt läuft.
4. Umstrukturierung:
In vielen Fällen ist es sinnvoll, zwei separate Einheiten zu betreiben – etwa eine US-LLC für US-Kunden und eine EU-Struktur für EU-Kunden. Wir beraten dich gerne zu möglichen Setups.
Fazit: Umsatzsteuerfreiheit ist kein Selbstläufer
Viele glauben, mit einer US-LLC entkommen sie jeder Umsatzsteuerpflicht. Doch das Gegenteil ist oft der Fall:
In den USA bist du sales-tax-pflichtig ab bestimmten Umsatzgrenzen oder durch Lagerhaltung.
In der EU bist du bei B2C-Verkäufen (physisch wie digital) mehrwertsteuerpflichtig, auch wenn du selbst nicht dort lebst.
Die Umsatzsteuer ist weltweit komplex, aber gut strukturiert vermeidbar – sofern du die Regeln kennst und dich sauber aufstellst.
Unsere Lösung: Wir machen deine US-LLC wirklich steuerklar
Wir von Kanzlei Mount Bonnell in Austin, Texas begleiten deutschsprachige Unternehmer seit vielen Jahren bei der Strukturierung ihrer US-LLC.
Was wir für dich tun können:
Gründung & Setup deiner US-LLC
Prüfung von Sales-Tax-Risiken in den USA
Unterstützung bei VAT & OSS für EU-Verkäufe
Betreuung bei Shopify, Stripe, Amazon & Co.
Strukturierung für skalierbare, internationale Setups
📌 Wichtig: Wir bieten keine kostenlosen Erstgespräche. Aber du kannst jederzeit online eine kostenpflichtige Erstberatung buchen – und wir klären deine individuelle Situation schnell und konkret.