US-LLC in Dubai: Steuerfrei trotz 9% Körperschaftsteuer? Eine kritische Analyse für deutsche Unternehmer
Immer mehr Unternehmer und Selbstständige aus dem deutschsprachigen Raum ziehen nach Dubai, um dem hohen Steuerdruck in Europa zu entkommen. Die Vereinigten Arabischen Emirate galten lange Zeit als steuerfreies Paradies. Doch seit der Einführung der neuen Körperschaftsteuer in Höhe von 9 % zum 1. Juni 2023 stellen sich viele die Frage: Gibt es noch legale Wege, wie man trotz Wohnsitz in den VAE steuerfrei wirtschaften kann?
Eine der oft gehandelten Lösungen lautet: US-LLC als steuerlich „disregarded entity“. Solche Strukturen werden mittlerweile massenhaft über Agenturen verkauft – unter dem Versprechen, dass Gewinne aus der LLC in den USA nicht besteuert werden und in Dubai auch nicht unter die 9 % Steuer fallen. Doch funktioniert das wirklich so einfach? Und was gilt, wenn Du Deutscher bist?
In diesem Artikel analysieren wir den steuerlichen Status einer US-LLC im Kontext des neuen Körperschaftsteuerrechts in den Vereinigten Arabischen Emiraten – und gehen auch auf die potenziellen steuerlichen Fallstricke für Deutsche ein, insbesondere im Hinblick auf §2 AStG (erweiterte beschränkte Steuerpflicht).
1. Ausgangslage: Die neue Körperschaftsteuer in den VAE
Seit dem 1. Juni 2023 erheben die Vereinigten Arabischen Emirate eine Körperschaftsteuer von 9 % auf Unternehmensgewinne. Die Regeln im Überblick:
Bis zu einem Gewinn von AED 375.000 (~93.000 EUR) bleibt die Steuer bei 0 %.
Für darüber hinausgehende Gewinne greift die 9 % Körperschaftsteuer.
Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter AED 3 Mio. können unter bestimmten Voraussetzungen als „Small Business Relief“ eingestuft werden und zahlen ebenfalls 0 % Steuer, selbst wenn der Gewinn die 375.000 AED übersteigt.
Für Freezone-Unternehmen gelten teilweise Sonderregelungen, aber auch diese unterliegen zunehmend strengeren „substance requirements“.
2. Die Idee: US-LLC als steuerlich transparente Lösung
In den USA kann eine LLC (Limited Liability Company) mit nur einem Gesellschafter („Single-Member LLC“) als sogenannte „disregarded entity“ geführt werden. Das heißt:
Die LLC wird nicht als eigenständiges Steuerobjekt behandelt.
Die Gewinne fließen direkt Dir als Eigentümer zu, die Du in Deinem Wohnsitzstaat versteuern musst.
In den USA fällt keine Einkommensteuer an, wenn Du nicht in den USA lebst, keine US-Kunden hast und keine US-Quellensteuern anfallen.
Viele Anbieter behaupten daher: „Die US-LLC ist steuerfrei!“ Und in gewissem Rahmen stimmt das auch – aber nur aus US-Sicht.
3. Die UAE-Sicht: Wann fällt in Dubai Steuer an?
Die VAE schauen nicht nur auf den Sitz der Firma, sondern auf die effektive Geschäftsleitung (Place of Effective Management, POEM). Und hier wird es kritisch:
Wenn Du als in Dubai wohnhafter Unternehmer eine ausländische Firma – etwa eine US-LLC – von Dubai aus managst, entsteht dort eine „Betriebsstätte“.
Was folgt daraus?
Die ausländische Firma gilt aus UAE-Sicht als steuerpflichtig.
Es wird keine Rolle spielen, ob es sich um eine US-LLC, eine GmbH aus Estland oder ein anderes Vehikel handelt.
Der Gewinn unterliegt dann den gleichen Regeln wie ein einheimisches Unternehmen – einschließlich der 9 % Steuerpflicht über dem Freibetrag.
Mit anderen Worten: Die Konstruktion funktioniert nicht, wenn Du dauerhaft in Dubai lebst und die US-LLC von dort operativ führst.
4. Gibt es Auswege? Steuervermeidung durch internationale Präsenz
Nun versuchen manche Berater zu argumentieren: „Dann manage die LLC einfach von außerhalb!“
Tatsächlich gilt in den Emiraten:
Ab 90 Tagen Aufenthalt im Kalenderjahr kann eine steuerliche Ansässigkeit unterstellt werden (je nach Status auch schon früher).
Wenn Du den Großteil des Jahres außerhalb der VAE verbringst und nachweisen kannst, dass die operative Tätigkeit der LLC außerhalb Dubais stattfindet, könntest Du argumentieren, dass kein Place of Effective Management in den VAE entsteht.
Das ist denkbar – aber gefährlich:
Die UAE-Behörden verschärfen zunehmend die Anforderungen an Substanznachweise.
Wenn Du vor Ort einen Wohnsitz, Personal oder Infrastruktur hast, läufst Du schnell Gefahr, dass die LLC dennoch als in den VAE ansässig gilt.
5. Die deutsche Sicht: Betriebsstättenlose gewerbliche Einkünfte (§2 AStG)
Jetzt wird es richtig brisant – denn viele Deutsche, die nach Dubai gezogen sind, glauben, sie seien „aus dem Schneider“.
Doch der deutsche Staat denkt langfristig – und §2 Außensteuergesetz (AStG) ist eine Art Fangnetz für ehemalige Steuerinländer:
Wenn Du innerhalb von zehn Jahren nach Wegzug aus Deutschland „betriebsstättenlose gewerbliche Einkünfte“ erzielst, bleibst Du in Deutschland mit diesen Einkünften steuerpflichtig.
Was heißt das?
Wenn Du eine US-LLC betreibst, die keine physische Betriebsstätte außerhalb Deutschlands hat (z. B. kein echtes Büro, kein operatives Team), dann gelten die Gewinne als betriebsstättenlos.
Das Finanzamt kann sagen: „Du wohnst zwar in Dubai, aber die Einkünfte sind aus unserer Sicht nicht einem anderen Land zugeordnet – also versteuere sie in Deutschland!“
Die Folge:
Steuerpflicht in Deutschland trotz Dubai-Aufenthalt.
Selbst wenn Du Dich korrekt abgemeldet hast, kann die erweiterte beschränkte Steuerpflicht greifen.
6. Ein Beispiel aus der Praxis – und was passiert, wenn Du als Nomade lebst
Nehmen wir den Fall von Max, einem deutschen Online-Unternehmer:
Er zog im Jahr 2024 nach Dubai um.
Gründete eine Single-Member US-LLC in Wyoming, die als „disregarded“ behandelt wird.
Die LLC erzielt jährlich 500.000 USD Gewinn.
Fall 1: Fester Wohnsitz und operative Tätigkeit in Dubai
Max lebt durchgehend in Dubai und managt die LLC aus seiner Wohnung heraus.
Aus Sicht der VAE: Die operative Leitung erfolgt aus Dubai – eine Place of Effective Management (PE) liegt vor. Die US-LLC ist damit in den VAE steuerpflichtig, abüglich des Freibetrags (375.000 AED) greift die 9 %-Körperschaftsteuer.
Aus Sicht Deutschlands: Die Einkünfte sind eindeutig der Betriebsstätte Dubai zuordenbar → §2 AStG greift nicht. Es liegt keine Steuerpflicht in Deutschland vor.
Fall 2: Nomaden-Modell mit Wohnsitz in Dubai
Ein Jahr später ändert Max seinen Lebensstil: Er bleibt steuerlich in Dubai ansässig (mehr als 90 Tage Aufenthalt im Jahr), verbringt aber rund 250 Tage pro Jahr als digitaler Nomade in verschiedenen Ländern (Thailand, Mexiko, Georgien etc.). Die LLC führt er ausschließlich von unterwegs – also nicht aus Dubai.
Aus Sicht der VAE:
Steuerliche Ansässigkeit bleibt bestehen (90+ Tage).
Die operative Tätigkeit der LLC findet nicht innerhalb der VAE statt.
Es entsteht keine PE → keine Steuerpflicht in den VAE.
Aus Sicht Deutschlands:
Max ist nach wie vor Deutscher und innerhalb von 10 Jahren nach Wegzug.
Die Gewinne der US-LLC sind nicht eindeutig einem anderen Staat zuordenbar, da keine feste Betriebsstätte existiert.
Deutschland wertet die Einkünfte als betriebsstättenlos → §2 AStG greift.
Ergebnis: Max lebt offiziell in Dubai, zahlt dort aber keine Steuer, weil die Tätigkeit im Ausland erfolgt. Deutschland greift zu, weil es sich um betriebsstättenlose Einkünfte handelt.
Die vermeintlich clevere Struktur wird zur Steuerfalle – aber aus einer ganz anderen Richtung.
7. Wann §2 AStG nicht greift – Ausnahmen und Sonderfälle
Nicht jeder deutsche Auswanderer muss sich vor §2 AStG fürchten. In folgenden Konstellationen greift die Regelung zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht nicht, sodass die Gewinne der US-LLC nicht in Deutschland versteuert werden müssen – selbst wenn sie keine ausländische Betriebsstätte aufweist:
✅ 1. Du bist kein Deutscher im steuerlichen Sinne:
Wenn Du ausschließlich österreichischer oder schweizerischer Staatsbürger bist und nie einen steuerlichen Wohnsitz in Deutschland hattest, unterliegst Du nicht dem deutschen Außensteuergesetz.
✅ 2. Die LLC gehört Deiner ausländischen Partnerin oder Deinem Partner:
Wenn die LLC auf Deine nicht-deutsche Partnerin oder Deinen Partner läuft, und diese Person nicht unter das AStG fällt, kann die Struktur funktionieren – sofern sie nicht nur auf dem Papier wirtschaftlich berechtigt ist.
✅ 3. Dein Wegzug liegt mehr als 10 Jahre zurück:
Nach Ablauf von zehn Jahren nach dem Wegzug aus Deutschland endet die erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Ab diesem Zeitpunkt dürfen betrieblich erzielte, betriebsstättenlose Einkünfte nicht mehr in Deutschland besteuert werden.
✅ 4. Du warst vor dem Wegzug schon nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig:
Wenn Du bei Deinem letzten Aufenthalt in Deutschland nicht länger als fünf Jahre steuerlich ansässig warst, fällst Du laut Gesetz nicht unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.
✅ 5. Die Einkünfte sind nicht gewerblich im steuerlichen Sinne:
§2 AStG greift nur bei gewerblichen Einkünften. Wenn Deine LLC lediglich vermögensverwaltend tätig ist (z. B. Halten von Wertpapieren, Immobilien, Beteiligungen) oder Du als Einzelperson Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß §18 EStG erzielst (z. B. als Berater, Coach, Künstler), entfällt die Anwendung von §2 AStG ebenfalls.
Wichtig: Die korrekte Einordnung der Einkünfte – gewerblich vs. freiberuflich vs. vermögensverwaltend – ist komplex und sollte stets individuell geprüft werden.
8. Unsere Empfehlung: Vorsicht statt Blauäugigkeit
Die Nutzung einer US-LLC als steuerlich „disregarded entity“ kann sinnvoll sein – aber nicht für jeden.
👍 Funktioniert möglicherweise:
Wenn Du nicht in den VAE ansässig bist, sondern regelmäßig reist und Substanz außerhalb der VAE (und Deutschlands) nachweisen kannst.
Wenn Du weniger als 375.000 AED Gewinn im Jahr erzielst – dann zahlst Du ohnehin keine UAE-Steuer.
Wenn Du nicht unter das AStG fällst, z. B. weil Du Schweizer bist oder schon länger als 10 Jahre weg.
🚫 Funktioniert nicht:
Wenn Du Deutscher bist und innerhalb von 10 Jahren nach Wegzug operativ tätig bist, ohne reale Substanz im Ausland.
Wenn Du Deinen Hauptwohnsitz in Dubai hast und dort von zu Hause aus arbeitest.
Wenn Du glaubst, eine US-LLC sei per se eine Steuerflucht-Oase.
9. Beratung und Kontakt
Wenn Du bereits eine US-LLC betreibst oder mit dem Gedanken spielst, sie als steuerfreies Vehikel in Verbindung mit einem Dubai-Aufenthalt zu nutzen, dann lass uns Deine Situation prüfen.
Wir bieten fundierte steuerliche und strukturelle Beratung für:
Wegzug aus Deutschland
Aufbau steuerlich effizienter Unternehmensstrukturen im Ausland
Nutzung von LLCs, Holdings und internationalen Strukturen mit Substanz